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Rumänien-Route: Walachei, Siebenbürgen, Schwarzes Meer

  • Autorenbild: en roUTE
    en roUTE
  • 17. Aug. 2024
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 21. Okt. 2024

Reise durch ein vielfältiges und geschichtsumwobenes Land



Rumänien von oben
Quelle: Weltatlas

Wer Rumänien von oben betrachtet, der erkennt vielleicht auch die Form eines Fisches.


Im Zentrum liegt Siebenbürgen/ Transilvanien, die Schwanzflosse bildet den Zugang zum Schwarzen Meer und die Walachei liegt im unteren Rumpfbereich.




Rumänien damals:

Rumänien war zu «Ostzeiten» bis zur Wende 1989 kein Land, das man bereiste. Im Gegenteil. Es galt bei uns in der DDR als das Armenhaus des Ostens und man machte vielmehr einen Bogen um den Staat. Der Grund lag vor allem in seinem Ruf eines gefährlichen Landes, in dem Touristen nicht sicher sind und ausgeraubt werden.

 

Auf meiner Reise mit meiner Schwester und einer Freundin nach Bulgarien 1988 verlief unsere Zugstrecke durch Rumänien. Unser Plan sah den Ausstieg in dem Land eigentlich nicht vor, sondern lediglich die Durchreise. Bei der Rückfahrt waren wir jedoch durch den Verlust eines Reisepasses gezwungen, den Zug zu verlassen, da wir annahmen, die Grenze nach Ungarn ansonsten nicht passieren zu können. Wir stiegen in Brasov aus und gingen zur Polizei, wo wir andere Deutsche trafen, deren Auto ausgeraubt wurde. Die Menschen waren sehr freundlich und hilfsbereit. Bukarest, wohin wir schliesslich zurückfuhren, um bei der DDR-Botschaft einen neuen Reisepass zu erhalten, bestätigte allerdings den Eindruck. Die Stadt erschien dreckig und verwahrlost, es wimmelte von herumstreunenden Hunden, Kinder bettelten, «ein harter Wind» bestimmte das alltägliche Leben. Wir wollten so schnell wie möglich nach unseren Erledigungen wieder weg. So behielt ich Rumänien all die Jahre (1988-2024) in Erinnerung. (ausführlicher Reisebericht in einem anderen Beitrag)



Bukarest Altstadt
Bukarest Altstadt


Rumänien heute:

Die Lust, nach vielen Jahren der Nachwendezeit Osteuropa und alte Pfade wieder zu bereisen, brachte Rumänien auf unser Programm. Nicht zuletzt, auch weil das Tango-Festival in Brasov vom 1.8.-5.8.2024 lockte.

 

Das Land präsentiert sich heute im anderen «Kleid» als noch in den 1980er Jahren. Es vermittelt einen aufstrebenden Eindruck und scheint, sich neu zu definieren, am Scheideweg zwischen Historie und Moderne. Die Menschen sind freundlich, aufgeschlossen, weltoffen. Der EU-Beitritt verhilft zu vielen Neuerungen, im Stadtbild und insbesondere in der Infrastruktur, die man als Reisender spürt. Bis ins Hinterland und kleinste Dorf führen gut ausgebaute Wege. Ausser an touristischen Hotspots oder Hauptverkehrsandern begegnet man weniger Besuchern und Autos. Das Reisen ist angenehm.



Landtraße und Passstraße in den Karpaten


Sighisoara
Touristenmagnet Sighisoara


Der Aufenthalt in dem Land ist sicher. Wir fühlten uns zu keinem Zeitpunkt beängstigt. Dieses Mal auch: Im Gegenteil!

 

Rumänien bietet alles, was das Entdecker-Herz begehrt: schöne Natur, Landschaft, Wasser, Berge Schlösser, Burgen, Kirchen – weitreichende Geschichte, Ruinen griechischer und römischer Orte – Architektur verschiedener Epochen – GroßstädteCoolness und Tradition.





Die Route:

Für knapp drei Wochen suchten wir uns eine Route heraus, die uns durch die Vielfalt des Landes führen sollte: Walachei, Siebenbürgen, Schwarzes Meer. 

 

Im Folgenden möchte ich die Route kurz vorstellen. Detailliertere Beschreibungen fliessen in den einzelnen Beiträgen ein.



Rumänien-Route: Walachei, Siebenbürgen, Schwarzes Meer (google maps)


A) Bukarest

Wir starteten in Bukarest und verbrachten die ersten drei Tage in der umtriebigen Hauptstadt Rumäniens und der Walachei.


Sie zeigt (architektonisch) viele Gesichter und man spürt die verschiedenen Epochen, in denen Bukarest teils aufblühte und teils auch scheiterte. Je nach Stadtteil bringt der aus Jahrhunderten gewachsene bunte Stilmix monumentale Bauwerke, Stadtvillen, römische Architektur, Pariser Chic, «kubanische» Schönheit, orthodoxe Kirchenpracht, Bauten aus der Ceausescu-Ära sowie Platten- und moderne Neubauten zusammen. Diese sind teils stark heruntergekommen und verfallen, teils aufgehübscht oder mondän. Sie erzählen von Zeiten der Besetzung durch Kriege und fremde Truppen, osmanischer Herrschaft, Fürstenresidenz, Industrialisierung, Wirtschaftsauf- und abschwung, sozialistischer Stadtentwicklung und postkommunistischer Ära. Das sehenswerte Museum zur Bukarester Stadtentwicklung bereitete alles wunderbar auf. Mit geschichtsoffenen Augen kann man viel Spannendes im städtebaulichen Wildwuchs entdecken und insb. auch die Revolution von 1989 nachverfolgen. Von der Altstadt, die vor allem nachts lebenslustig erwacht, über Paläste bis hin zu imposanten Alleen und viel Kultur wird es nicht langweilig.


Altstadt und Zentrum:


Folklore im Caru' Cu Bere, Konzert im Athenäum:


 

Auch bietet die Metropole mit ihren großen Parks und immer wieder kleinen Parkecken und parkähnlichen Bereichen Oasen der Ruhe und Erholung vom Großstadttrubel. 

 

Pulsierend und quirlig mit vielen Cafés, jungen englisch-sprechenden Leuten und Strassenhändlern malt die Millionen-Stadt von sich ein buntes, weltoffenes Bild.


Parks, Wasserstraßen, Wohnanlage, Alleen:



B) Die Walachei

Kennst du das Sprichwort „Jemanden in die Walachei schicken“? …quasi ans Ende der Welt… in die Abgeschiedenheit?


Ganz so abgeschieden ist der Landstrich nicht. Zwischen Südkarpaten und der Donau erstreckt sich eine sehr gute Verbindung vom Gebirge zum Meer und beeindruckt mit Bergen, weiten hügeligen Landschaften, Wäldern, Weingebieten und Flüssen in malerischer Pracht.



Rumänien Walachei Weinberg
Weingut Gramofon mit Blick ins Land (Mocesti, Iordacheanu)

Unsere Reise führte uns am 4. Tag zunächst nach Tärgoviste, 1.30 Stunden nordwestlich von Bukarest, wo nicht nur Nicolae Ceausescu mit seiner Frau im Dezember 1989 sein trauriges Ende fand, sondern auch Vlad Tepes – bekannt Vlad der Pfähler oder Dracula – seine Schloss-Residenz hatte. In der Hochsaison (Juli) war der Ort wie leergefegt, die Familien im Urlaub (vornehmlich in den Karpaten oder am Schwarzen Meer), wie uns ein Einheimischer sagte. Somit fanden wir nur wenige Besucher vor. 


Wer sich für die Geschichte der Wendezeit von 1989 interessiert, dem sei der Hinrichtungsort von Diktator Ceausescu und seiner Frau Elena empfohlen. Die zu besichtigenden Räume befinden sich in der Militärkaserne gegenüber dem Bahnhof. Ein Schild am Eingang weist darauf hin. Zur Zeit unseres Besuchs wurde der gesamte Komplex saniert, so dass wir von außen den Ort in Augenschein nehmen durften.



Tärgoviste Hinrichtungsort Ceausescu
Hinrichtungsort von Ceausescu in Tärgoviste


Die Orte Horezu und Curtea de Arges, die wir nach Tärgoviste ansteuerten und ca. drei Autostunden nordwestlich von Bukarest liegen, zeugen von langer Tradition am südlichen Rande der Karpaten. Als Weltkulturerbe wartet Horezu mit bunter und reichlich verzierter Keramik auf, die in den dortigen Ateliers und Familien hergestellt wird. Im ganzen Land ist Horezu-Keramik bekannt und sichtbar. Ein separater Beitrag beschreibt die Entdeckungen vor Ort.



Horezu Keramikstadt
Horezu

Curtea de Arges, Abstecher am 5. Tag auf dem Weg zur Transfogaraschen Hochstraße, hat die Hohenzollern-Monarchen zu Gast – in den Grabstätten der Kathedrale. Der Ort bezaubert durch seine Jahrhunderte alte Kirche und das Kloster, die byzantinische Baukunst und den lieblichen Park. Rumänisch-orthodoxe Religion wird zelebriert.



Kathedrale/Fürstenkirche im Park



Die Besonderheit: Spiralförmig scheinen sich die schrägen Fenster um zwei Türme zu schlingen.



Curtea de  Arges Fürstenkirche
Fürstenkirche mit den spiralförmigen Türmen


Die Transfogarasche Hochstraße verbindet die Walachei mit Siebenbürgen und führt direkt durch die Karpaten. Sie ist stark befahren und viel genutzt von Bikern und Touristen. Dennoch lohnt sich der Weg zur Passhöhe mit dem Balea-See. Spektakuläre Blicke entlang der Serpentinen offenbaren das beeindruckende Naturschutzgebiet mit Flusslauf und Wasserfall. Ein Beitrag gibt detaillierteren Einblick.



Karpaten Transfogarasche Hochstrasse
Karpaten Transfogarasche Hochstrasse


C) Siebenbürgen/Transilvanien - Das Herz Rumäniens

Mit Transilvanien verbinden die meisten Dracula. Er spielt in der Region (touristisch) eine ausserordentliche Rolle, insb. das Bran-Schloss, eine halbe Stunde südlich von Brasov, wirbt mit seiner Mystik und geheimnisvollen Geschichte. Dracula soll hier gehaust haben. Die Region hat jedoch weitaus mehr zu bieten. Wie ich von Einheimischen lernte, bedeutet Transilvanien «Jenseits des Wald».


Idyllisch, romantisch, farbenprächtig und pittoresk präsentiert sich Siebenbürgen. Städte und Städtchen im poetischen, mittelalterlichen Ambiente mit Prachtbauten und mächtigen Kirchen, gut ausgebaute Straßen durch eine wunderschöne Landschaft …und Schlösser sowie Burgen en mass, von denen manche zu Dracula gehören könnten. Gefühlt besitzt jedes noch so kleine Dörfchen nicht nur eine Kirche, sondern eine Burg oder ein Schloss oder ein Kloster oder eine Festung…. Es lohnt sich, wenn nicht alle, doch so manche der entzückenden Ortschaften zu besuchen. Auch der Wiederaufbau der historischen Altstädte nach 1989 hat ein wahres Wunderwerk vollbracht.


Auf unserer Route lagen Sibiu als Hauptstadt der Region am nördliche Fuße der Karpaten (5. Tag), Hunedoara und Alba Iulia (6. Tag), Medias, Mosna, Biertan, Danes, Sighisoara am 7. und 8 Tag, Brasov mit Ausfluf zum Bran-Schloss und Tango-Festival vom 9. bis 12. Tag sowie Sinaia und Schloss Peles am 13. Tag auf dem Weg zum Weingut Gramofon (Walachei). Einige Orte sind touristisch frequentiert, andere fast unbeachtet. In den einzelnen Beiträgen gebe ich tieferen Einblick.






Osmanen, Ungarn, Deutsche haben ihre Spuren hinterlassen. Die deutsche Sprache ist in Siebenbürgen weit verbreitet.


Sighisoara Gasthaus Alte Post
Sighisoara Gasthaus Alte Post


Nicht nur in den Städtenamen (Sibiu= Hermannstadt, Mosna=Mäschen oder Brasov=Kronstadt), sondern auch in Museen, an Wegweisern und Häusern (zum Beispiel «Gasthaus Alte Post» in Sighisoara) finden sich immer wieder deutsche Schriftzüge.


Die Siebenbürger Sachsen sind vor Jahrhunderten aus westdeutschen Gebieten angesiedelt worden. Die meisten verliessen ihre Heimat zu Beginn der 1990er Jahre und gingen zurück nach Deutschland - ins Land ihrer Vorfahren.




D) Schwarzes Meer

Sonne, Wasser, Strand – was will man mehr? Nach einem Aktivurlaub ist das Schwarze Meer willkommen, um zu chillen und die Seele baumeln zu lassen. Die rumänische Schwarzmeerküste bietet von allem etwas – Naturparadies, Stille, Einsamkeit, Stadt und Trubel. Die Entfernungen sind nicht riesig, so dass man sich je nach Lust und Laune per Halbtages- oder Tagesausflug für das eine oder andere entscheiden kann. Auch hier geben sich Einflüsse aus den vergangenen Jahrhunderten zu erkennen, wie in Histria (Nr. 3 auf der folgenden Karte).


Schwarzes Meer in Rumänien
Schwarzes Meer (google maps)

Uns war nach etwas Ruhe und wir entschieden uns daher für ein Stranddomizil in Corbu (1) (14. und 15. Tag), das neben Vadu einsamere Strände, etwas Wildnis, Natur und auch reizvolle Restaurants bietet. Vor allem Richtung Gura Portitei und Sinoe-See (2 und 3) wird es urig. Kaum jemand verirrt sich dorthin. Man trifft einige (vorwiegend einheimische) Camper und FKK-Begeisterte. Das Donau-Delta liessen wir aus, da uns die Gegend touristisch zu überlaufen und Touren preislich unangemessen hoch erschienen.





Corbu:


Sinoe See
Sinoe-See

 

Hinterland bei Vadu
Hinterland bei Vadu

Weiter südlich in Constanta (4) (16. Tag), mit ihrer schönen Altstadt und dem grössten Hafen Rumäniens, sowie Agigea (5), wo der rumänische Donau-Kanal das Schwarze Meer küsst (Donau-Schwarzmeer-Kanal), nehmen der Verkehr und die Besucherströme wieder zu.


Constanta:



Agigea mit Blick auf den Hafen von Constanta
Agigea mit Blick auf den Hafen von Constanta

Auf dem Rückweg nach Bukarest (17. Tag) wartet dieser Kanal noch einmal mit einem Highlight auf: dem Zusammenfliessen mit der Donau bei Cernavoda. Etwas eher die Autobahn A2 verlassen (zum Beispiel bei Medgidia), kann man durch Dörfer entlang des Kanals bis zum Delta fahren. Hier beeindrucken zwei prachtvolle Brücken, die die Autos und Züge ins Landesinnere geleiten.


Zusammenfluss des Donau-Schwarzmeer-Kanals (links) mit der Donau in Cernavoda
Zusammenfluss des Donau-Schwarzmeer-Kanals (links) mit der Donau in Cernavoda

Die Route hielt viele Erinnerungen und positive Eindrücke bereit. Rumänien ist ein Land, das sich zu bereisen lohnt.

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